34 Jahre schwule Sommerträume: Wie aus einem Zeltlager eine Legende wurde

Wer in der queeren Community der Generation 50 plus unterwegs ist hat vermutlich schon vom schwulen Sommercamp in Albstedt gehört. Seit 1991 treffen sich hier jeden Sommer Männer aus ganz Deutschland – und teilweise weit darüber hinaus –, um gemeinsam kreative, sportliche und entspannte Tage zu verbringen.
Was heute eine feste Institution ist, begann vor mehr als drei Jahrzehnten ganz bescheiden: In den achtziger Jahren zogen schwule Männer mit Zelten und Schlafsäcken über wechselnde Bauernhöfe, trafen sich zum Plaudern, Musizieren, Handwerken – oder einfach, um zusammen zu sein.

1991 führte der Weg schließlich ins Theaterwerk in Albstedt, betrieben von Werner und Wolfgang. Zum ersten Mal gab es feste Räume, ein richtiges Dach über dem Kopf und die Möglichkeit, künstlerische Ideen sofort auf einer Bühne auszuprobieren. Offensichtlich gefiel es so sehr, dass die Gruppe beschloss, jedes Jahr zurückzukehren – und so wuchs eine ganz besondere Gemeinschaft. Aus zufälligen Bekanntschaften wurden Freundschaften, aus Freundschaften Beziehungen, und nicht selten endeten diese sogar in Hochzeiten, deren Ursprung in dieser Sommertradition lag.

Das Besondere am Camp: Es lebt ausschließlich von den Ideen seiner Teilnehmer. Am ersten Abend steht ein Whiteboard bereit, auf dem jeder notieren kann, welche Aktivitäten er sich wünscht – und welche Angebote er selbst einbringen möchte. So entsteht ein Programm, das jedes Jahr völlig neu ist: Tanz, Theater, Musik, Trommeln, Chorgesang, Nähen, Modellieren, Bodypainting; Sport wie Volleyball, Bogenschießen, Boule oder Schwimmen im Baggersee; Ausflüge an die Nordsee, nach Bremen oder ins Künstlerdorf Worpswede. Wer es ruhiger mag, findet Yoga, Meditation oder Massagen. Abends gibt es Lagerfeuer, Lesungen oder spontane Dance-Nights.

 

Die Unterkunft ist einfach gehalten: keine Fernseher, Gemeinschaftsbäder, schlichte Zimmer. Diese Reduktion schafft Raum für Begegnung und gute Gespräche. Als Ausgleich bietet das Gelände einen kleinen Pool, eine Sauna, Theater-, Meditations- und Gruppenräume sowie weitläufige Wiesen zum Entspannen. Unter Anleitung des Hauskochs übernehmen eingeteilte Teilnehmer die Küchenarbeit: Es wird täglich gemeinsam gekocht – in kleinen oder größeren Teams wird geschnippelt, gerührt, gewürzt und natürlich probiert. Dabei entstehen oft ebenso wertvolle Gespräche wie beim abendlichen Zusammensitzen.


Dass dieses Camp seit 34 Jahren besteht, liegt wohl daran, dass es kein vorgegebenes Animationsprogramm gibt. Die Mischung aus langjährigen Teilnehmern, die ihre Erfahrung teilen, und Neulingen mit frischen Ideen sorgt für eine lebendige Dynamik. Für viele ist es weit mehr als ein Urlaub: Es ist eine Zeit, in der man den Alltag hinter sich lässt, neue Seiten an sich entdeckt und Freundschaften knüpft, die oft ein Leben lang halten.


Gerade für die queere Generation jenseits der Fünfzig ist das schwule Sommercamp in Albstedt ein Ort, an dem Gemeinschaft, Kreativität, Bewegung und Entspannung in einer Atmosphäre von Offenheit und Akzeptanz zusammentreffen. Rund 50 bis 60 Teilnehmer sind es in der Regel, die hier jedes Jahr einige unvergessliche Sommerwochen miteinander verbringen. Wer einmal dort war, versteht sofort, warum so viele Männer Jahr für Jahr wiederkommen – und wer neugierig geworden ist, findet weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten auf der offiziellen Webseite.