CSD im Visier – Neonazistische Mobilisierungen gegen queeres Leben

Im Rahmen des Pride Month lud die Aidshilfe Köln (Aidshilfe Köln ) am 2. Juli 2025 zu einem Vortrag von Prof. Dr. Fabian Virchow, Leiter des Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus/Neonazismus an der Hochschule Düsseldorf, ins Café Bach ein. Die Veranstaltung wurde von Marco Kammholz moderiert.

Prof. Dr. Fabian Virchow ( Fabian Virchow ) erläuterte zunächst, dass queeres Leben in Deutschland in den letzten Jahrzehnten sichtbarer, etablierter und rechtlich sowie gesellschaftlich zunehmend normalisiert wurde. Queere Figuren prägen Medien und Kultur, und immer mehr Schulen setzen auf queere Bildungsprojekte. Umfragen zeigen, dass über 80 % der Deutschen gleiche Rechte für queere Menschen befürworten. Allerdings gibt es große Generationenunterschiede: Vor allem die Generation Z zeigt eine deutlich größere Offenheit und Vielfalt in sexueller und geschlechtlicher Identität.

Rechtlich wurden wichtige Fortschritte erzielt: Die Ehe für alle wurde 2017 eingeführt, gleichgeschlechtlichen Paaren steht das Adoptionsrecht zu, und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt vor Diskriminierung. Ab 2025 erleichtert das Selbstbestimmungsgesetz die Namens- und Geschlechtsänderung, und Konversionstherapien für Minderjährige sind verboten. Sichtbar wird diese Anerkennung durch zahlreiche CSD-Veranstaltungen und Regenbogenflaggen an öffentlichen Orten.

Trotz dieser Erfolge bleiben Herausforderungen bestehen. In ländlichen oder konservativen Regionen fehlt oft Akzeptanz, Gewalt und Diskriminierung sind weiterhin Realität – besonders für trans und nicht-binäre Personen. Die gesellschaftliche Normalisierung ist zum Teil oberflächlich, denn tief verwurzelte Vorurteile bleiben. Zudem formiert sich eine aggressive Gegenbewegung: Gleichstellung und Antidiskriminierung werden zum zentralen Thema rechter Kulturkämpfe.

Politisch und kulturell verstärkt sich der Gegenwind: Geschlechtergerechte Schreibweisen werden in Bundesländern wie Bayern und Hessen verboten, der Bundestag zeigt 2025 keine Regenbogenflagge mehr zum CSD, Unternehmen drosseln Pride-Aktivitäten, Fördermittel werden gekürzt, und queerfeindliche Angriffe wie Flaggen-Diebstähle nehmen zu. Akzeptanz ist also keineswegs selbstverständlich, sondern umkämpft.

Die Zahl der Straftaten gegen queere Menschen ist gestiegen. Laut Berliner Monitoring 2023 sind etwa 70 % der Tatverdächtigen deutsche Staatsangehörige. Queerfeindliche Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Rechtsextreme nutzen Queerfeindlichkeit und Antifeminismus als zentrale Ideologien. Parteien wie die AfD mobilisieren gegen geschlechtliche Vielfalt, verstärken Stereotype und greifen queere Veranstaltungen an. Internationale Anti-Gender-Netzwerke verbreiten diese Ideologien weiter.

Als Rechtfertigung dienen oft Erzählungen wie „Kinderschutz“ gegen „Frühsexualisierung“ oder die Behauptung, trans Frauen seien eine Gefahr für cis Frauen. Queerfeindlichkeit äußert sich neben verbalen Angriffen auch durch Gewalt, Drohungen, Einschüchterung, Unsichtbarmachung und Vertreibung. Dadurch soll Solidarität geschwächt und rechte Ideologien verbreitet werden.

Diese Angriffe führen zu Verunsicherung, erhöhtem Schutzaufwand und eingeschränkter Bewegungsfreiheit bei queeren Veranstaltungen, verursachen Mehrkosten, stärken jedoch zugleich die Solidarität in der Community.

Das anti-queere Gedankengut fußt auf einem exklusiven „Denken in Völkern“, das Menschen nicht als Individuen, sondern als homogene Kollektive betrachtet. Carl Schmitts Aussage „Wer Menschheit sagt, will betrügen“ bringt diese Sichtweise auf den Punkt. Völkischer Nationalismus versteht die Nation als ethnisch-kulturelle Einheit, basierend auf Herkunft und Abstammung, und lehnt Vielfalt sowie Individualität ab.

Dabei wird eine Hierarchie der Völker konstruiert: Das eigene Volk gilt als überlegen, andere als minderwertig oder gefährlich. Beziehungen zwischen Völkern werden als Kampf um Vorherrschaft gesehen, was koloniale, rassistische und gewalttätige Ideologien legitimiert. Kultureller Austausch und Migration werden als Bedrohung betrachtet, internationale Solidarität abgelehnt.

Im völkischen Nationalismus sind Geschlechterrollen zentral: Frauen gelten als „Gebärerinnen der Nation“, Männer als Kämpfer und Verteidiger. Die heteronormative Familie wird als natürlicher Kern der Gesellschaft angesehen, queere Identitäten und Gleichberechtigung als gefährlich abgestempelt. Sexualität wird streng kontrolliert und abweichende Lebensweisen als „entartet“ betrachtet.

Die AfD vertritt eine konservative Normalität, die Klimawandelleugnung, traditionelle Geschlechterrollen, nationalstaatliche Abschottung und Ablehnung sexueller Vielfalt vereint. Politische Linke werden verfolgt, eine kritische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit fehlt, und sprachliche Modernisierungen werden abgelehnt.

Alice Weidels Aussage „Ich bin nicht queer, sondern ich bin mit einer Frau verheiratet, die ich seit 20 Jahren kenne“ zeigt ihre konservative Haltung. Sie akzeptiert Homosexualität als feste, traditionelle Beziehung, lehnt aber den Begriff „queer“ und damit eine vielfältige, nicht-binäre Identität ab.

Fazit:

Die rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung queeren Lebens hat in Deutschland deutliche Fortschritte gemacht, doch gleichzeitig wächst der Widerstand von rechten Gruppen und konservativen Kräften. Queerfeindlichkeit bleibt ein ernstzunehmendes Problem, das sich in verbaler Hetze, politischer Ausgrenzung und Gewalt äußert. Die Auseinandersetzung um Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und gesellschaftliche Akzeptanz ist nach wie vor ein umkämpftes Feld – es bedarf weiterhin entschlossener Solidarität und politischem Engagement, um die Rechte und die Sicherheit queerer Menschen zu schützen und auszubauen.

Für den interessierten Leser: 

Virchow, Fabian (2020): Rechtsextremismus und Gender: Zwischen antifeministischer Ideologie und rechter Geschlechterpolitik. Verlag: Springer VS, Wiesbaden.

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Gerd, Lindenthal, auf Basis des Vortrags und der Präsentation von Prof. Dr. Virchow auch mithilfe von KI geschrieben.